Familienverband Luyken



Chronikblätter 1936 (Band II)
Namensregister
Chronikblatt-Register

Chronikblätter 1935
Chronikblätter 1937

Home
Kontakt

English

Ludwigshafen, 24.1.2015



Seite: 421 422 423 424 425 426 427 428 429 430 431 432 433 434 435 436 437 438 439 440 441 442 443 444 445 446 447 448 449 450 451 452 453 454 455 456 457 458 459 460 461 462 463 464 465 466 467 468 469 470 471 472 473 474 475 476 477 478 479 480 481 482 483 484 485 486 487 488 489 490 491 492 493 494 495 496 497 498 499 500 501 502 503 504






Seite 421
Top

Seite 421

Text muss noch eingegeben werden





Seiten 422 - 423
Top

Seite 422

Verheiratet:

12. Febr.  Gertrud Luyken [XI 73, Bd. I, S: 324] zu Andraitx De Mallorca , (T. v. † Dr. Wilhelm Luyken [X 50, Bd. I, S: 103 u. Bd. II, S: 136] und † Elfriede geb. Möller) mit Harro L'Orange, Kaufmann ebd., (S. v. Dipl. Ing. Prosper L'Orange und Hedwig geb. Eisendick, Stuttgart.)

16. März   Elsbeth verw. Kämper [X 29, Bd. I, S: 91] Berlin-Grunewald mit Heinrich Kämper Dipl. Ingenieur, (S. v. Alexis Kämper, Reallehrer, Bruder von Hugo Kämper [IX 13, Bd. I, S: 24 u. S: 275 f], u. Clementine geb. Schneider).

Die goldene Hochzeit feierten:

20. März   Dr. Ing. e. h.Walter vom Rath, stellvertr. Vorsitzender des Verwaltungsrats und Aufsichtsrats der I. G. Farbenindustrie A.-G., Mitbegründer und Ehrenbürger der Universität Frankfurt a. M., und Maximiliane vom Rath geb. Meister, (T. v. Wilhelm Meister, Enkel von G. J. Friedrich Meister u. Susanne Hel. geb. Luyken [VII 13, ds. Bd., S: 162]).

Die Feier fand in Frankfurt, im ehemaligen Elternhause der Goldbraut, Savignystr. 3, und zwar in demselben Saale statt, in welchem vor 50 Jahren die grüne Hochzeit begangen wurde. An dem Fest, das im engsten Familienkreise gefeiert wurde, nahmen u. a. auch einige Mitglieder und Freunde der Familien vom Rath-Meister teil, die schon der damaligen Hochzeit beigewohnt hatten.

In sehr humorvoller Weise hielt Justizrat Dr. Winterwerb eine Rede auf das Festespaar, in der er Jugenderinnerungen aus dem Leben der Braut an Hand alter vergilbter Blätter wieder wach werden ließ. Musikalische Darbietungen bekannter Frankfurter Künstler beschlossen das schöne Fest*).


Die Reifeprüfung am Staatl. Oberlyzeum ("Hoffmann-von-Fallersleben-Schule") zu Ratibor bestand:

10. Febr.   Elfriede Holle [XI 51a, Bd. I, S: 268] zu Ratibor, (T. v. † Ernst Holle, wld. Gerichtsassessor, [vgl. Ehrentafel, Bd. I, S: 1 u.  S: 37] und Lotte geb. Skutsch, Ratibor, Neugartenhof 1).


Den 75. Geburtstag beging:

19. März   Anna Luyken geb. Wever [IX 12, Bd. I, S: 24], zu Wesel, Fluthgrafstr. 20.


*) Nach einer freundlichen Mitteilung von Joachim von Meister, Neffen der Goldbraut, (vgl. ds. Bd., S: 328)


Seite 423

Den 80. Geburtstag feierte:

Anna Luyken geb. Krieg

Text muss noch eingegeben werden





Seiten 424 - 425
Top

Seite 424

Todesfälle

Zu Johannisburg in Transvaal verschied plötzlich infolge eines Unfalls am 3. Januar d. J. 

Hans-Klaus de Haas.

im noch nicht vollendeten 27. Lebensjahre.


Hans-Klaus de Haas
(1909-1936)

Der so früh Verstorbene hatte sich erst vor kaum 11 Monaten, am 14. Februar 1935, zu Wesel mit Tony Luyken verheiratet, der jüngsten der drei Töchter von † Daniel Luyken [X 3, Bd. I, S: 7 u. 67], wld. Amtsgerichtsrat daselbst, und Toni geb. Sobeczko. Bald nach der Hochzeit reiste das junge Paar nach Süd-Afrika, wo Hans-Klaus den Betrieb einer Farm zu übernehmen beabsichtigte. Aber noch während der Seefahrt änderte er diesen Plan, indem er sich entschloß, als Teilhaber in die Ziegelei Bordeaux zu Johannisburg einzutreten. Hier wurde er aber schon nach wenigen Monaten eifrigen Schaffens und glücklicher Ehe, auf einer Motorradfahrt am 3. Januar d. J. durch einen jähen tragischen Tod dahingerafft. Die Einäscherung erfolgte 2 Tage darauf im Krematorium zu Johannisburg unter großer Beteiligung unserer deutschen Landsleute, welche sich auch später seiner jungen schmerzerfüllten Witwe in fürsorglicher Weise annahmen.

Seine letzte hohe Freude war die, einen Monat vorher, am 5. Dezember v. J., erfolgte Geburt seines Sohnes und Stammhalters Johann-Nikolaus gewesen.

Johann-Nikolaus, ("Hans-Klaus") Manfred de Haas war am 30. Januar 1909 zu Wesel geboren, als einziger Sohn und viertes Kind von † Alfons de Haas, (1869-1925), wld. Kaufmann daselbst, und von Elisabeth geb. Baumann, z. Z. Haus Birkenfeld ebd. Er besuchte von 1915 ab in seiner Vaterstadt das Lyzeum und dann seit 1918 das dortige Gymnasium, und kam 1921 auf das Internat Schloß Werdorf b. Wetzlar, das er 1925 mit dem Zeugnis der Primareife verließ. Während der nächsten 2 Jahre erhielt Hans-Klaus die kaufmännische Ausbildung in der Firma "Vorberg und Petermann" in Remscheid; dort blieb er noch ein weiteres Jahr, und trat dann i. J. 1928 in das väterliche Geschäft "de Haas und Rincker" G. m. b. H. zu Wesel ein, in welchem er bis zu seiner Heirat verblieb.

In seiner freien Zeit beschäftigte er sich gern mit Musik und Sport.



Seite 425

Nach langem schweren, mit großer Geduld ertragenen Leiden verstarb am 29. Januar d. J.

Emma Cranz geb. Neuhaus

zu Berlin-Zehlendorf-West im 37. Lebensjahre.

Als zweites der beiden Kinder von Kaufmann Wilhelm Neuhaus (1869-1902) und Ida geb. Henrici [X 116, Bd. I, S: 155] wurde Emma Caroline Mathilde Neuhaus am 26. Juli 1899 zu Wesel geboren. Ihr Vater war ein Bruder von Frau Alfred Luyken, Else geb. Neuhaus [X 4, Bd. I, S: 149 u. 443]; ihre Mutter war als Tochter von Dr. med. Wilhelm Henrici, wld. Generalarzt in Posen, und Emma geb. Kehl [IX 60], eine Enkelin von Carl Kehl und Louise geb. Luyken [VIII 25, Bd. I, S: 45 u. 154].

Emmas Bruder, Ernst Neuhaus, geb. 18.5.1897 zu Wesel, fiel am 11. Dez. 1915 bei La Bassée im Kampf für das Vaterland.

Emma Neuhaus verbrachte die ganze Jugendzeit in ihrer Vaterstadt Wesel, wo sie auch von 1906-1916 das Lyzeum besuchte. Seit dem frühen Heldentode ihres einzigen Bruders lebte sie mit ihrer, schon seit 1902 verwitweten Mutter in stiller Zurückgezogenheit.

Am 23. Juli 1919 verlobte sich Emma Neuhaus mit Leutnant zur See Eberhard Cranz, der zu jener Zeit dem Freicorps für Kurland angehörte; er ist der Sohn des im Jahre 1907 verstorbenen Kommandanten von Wesel, Oberst Wilhelm Cranz.

Nach der Hochzeit am 28. Okt. 1920 blieb das junge Paar zunächst zwei Jahre im gemeinsamen Haushalt mit Emmas Mutter in Wesel wohnen. Im Herbst 1922 erfolgte die gemeinsame Uebersiedlung nach Schloß Sacrow b. Potsdam und von dort 12 Jahre später, im Nov. 1934 nach Berlin-Zehlendorf-West; denn im Juni 1933 war Eberhard Cranz durch den Reichsluftfahrtminister mit der Führung der Fliegerlandesgruppe 14 des Luftsportverbandes Berlin-Brandenburg betraut worden. Im April 1935 wurde er als Major der Luftwaffe wieder in das aktive Heer einberufen; die schwere Erkrankung seiner Gattin Emma zwang Eberhard jedoch schon im folgenden Jahre, den Abschied aus dem Militärdienst nachzusuchen, der ihm unter Verleihung des Charakters als Fliegerkommandant im April d. J. bewilligt wurde.

Von den fünf Kindern, die der Ehe von Eberhard und Emma Cranz entsprossen sind, war die älteste Tochter H. am 18.9.1921 in Wesel geboren. Die übrigen vier Geschwister: E. (* 25.9.1923), Brigitte (* 25.2.1926), M. (* 23.5.1930) und Erica (* 5.2.1934) kamen in Sacrow zur Welt.

Ein Jahr nach der Geburt ihres jüngsten Kindes stellten sich bei Emma Cr. die ersten Anzeichen eines inneren Leidens ein, welches in kurzer Zeit sich derart verschlimmerte, daß eine Operation keinen Erfolg mehr versprechen konnte und schließlich der am 29. Januar d. J. eingetretene Tod zum Erlöser wurde.





Seiten 426 - 427
Top

Seite 426

Wenige Tage später wurde Emma Cranz in Sacrow zur letzten Ruhe bestattet, wo sie zwölf ihrer glücklichsten Ehejahre verlebt hatte. Wer die Heimgegangene kannte, mußte sie lieb gewinnen, sie war eine deutsche Frau und Mutter im besten Sinne des Wortes.


Am 17. Febr. d. Js. starb nach kurzer schwerer Krankheit

Helmut Jakobs,

Bürgermeister von Troisdorf, SA-Obersturmbannführer,

im 39. Lebensjahre zu Troisdorf.

In der Ausgabe vom 18. Febr. d. J. widmet der "Westdeutsche Beobachter für Bonn und Siegburg" dem so frühzeitigen Hinscheiden des Bürgermeisters Helmut Jakobs einen vom nebenstehenden Bilde begleiteten ausführlichen Nachruf, dem folgender Auszug entnommen sei: "Kaum dreiviertel Jahr nach seinem Amtsantritt als Bürgermeister einer der aufstrebendsten Siegkreisämter hat uns SA-Obersturmbannführer Pg. Helmut Jakobs verlassen. Unerwartet kommt uns allen die Kunde vom plötzlichen Tod, der unerbittlich einen der Besten und Aktivsten aus unsern Reihen riß. Mit seinem offenen Wesen und seiner geraden Art hat er sich das Vertrauen eines jeden erworben, der in irgendeiner Beziehung, sei es nun in seiner Eigenschaft als Vorsitzender des Kreisgerichts der NSDAP im Siegkreis oder als Bürgermeister Troisdorfs, mit ihm in Berührung kam. Wenn Pg. Jakobs in seiner Rede am Einführungstage, dem 1. Juni 1936, im Troisdorfer Rathaus als Prinzip der ganzen Arbeit die Leistung herausstellte, die Leistung, die nicht allein Können und Wissen sei, sondern gepaart sein müsse mit der Lauterkeit des Charakters, der Festigkeit in der Weltanschauung und der unbedingten Offenheit in allen Handlungen, so hat er selbst dies am ehesten wahrgemacht. In der Treue, aus der die Opferbereitschaft entspringt, sehe er, so sagte er damals weiter, schließlich die Krönung aller Arbeit. Alle, die ihn näher kannten, wissen, daß er sich diese Krone erworben hat, daß sein ganzes Leben Vorbild dieser unwandelbaren Treue war.

Pg. Jakobs wurde am 14. September 1897 geboren. Er besuchte die Oberrealschule in Baden-Baden und machte den Weltkrieg von Anfang bis Ende als Kriegsfreiwilliger mit. 1916 wurde er zum Offizier befördert. Seit Kriegsende betätigte er sich in der Vaterländischen Front. Schon früh fand er im Führer und seiner Bewegung das Ziel seiner Arbeit und seiner Sehnsucht. Im Jahre 1929 trat er mit der Mitgliedsnummer 165 967 in die NSDAP ein.


Seite 427

Er wurde Adjutant der Rhein-Standarte III und anschließend der Standarte 65 im Dienstrang eines Sturmbannführers. Vom Jahre 1930 bis 1933 war er gleichzeitig Ortsgruppenleiter in Wiehl im Oberbergischen Kreis. Seit dem 1. April 1934 führte er einen Reserve-Sturmbann der SA und wurde 20. April 1935 zum Obersturmbannführer befördert. Nach einer praktischen Ausbildung besuchte er die landwirtschaftliche Hochschule in Berlin und war längere Zeit als landwirtschaftlicher Beamter tätig. In der Kommunalpolitik betätigte er sich seit 1929. Er war Gemeindevertreter und Beigeordneter seit September 1933. Bis zu seinem Amtsantritt in Troisdorf am 1. Juni des vorigen Jahres war er Bürgermeister in Eckenhagen im Oberbergischen Kreis und gleichzeitig 1. Kreisdeputierter."

Im zweiten Teil dieses Nachrufes, der wegen Raummangels hier leider nicht vollständig wiedergegeben werden kann, wird das erfolgreiche und bedeutsame Wirken des jungen Bürgermeisters Jakobs trotz seiner nur kurzen Amtstätigkeit hervorgehoben.

Zur Ergänzung der vorstehenden Angaben über seinen Lebenslauf sei noch hinzugefügt, daß Helmut Jakobs als zweitältester der fünf Söhne von Wilhelm Jakobs, z. Z. Kgl. Baurat a. D. und Major d. Res., in Diezenhausen bei Waldbröl, und Else geb. Luyken [X 192, Bd. 1; S: 
199] am 14. September 1897 zu Köln geboren wurde. Nachdem er die Volks- und Realschule zu Rastatt und später die Oberrealschule in Baden-Baden besucht und letztere mit dem Berechtigungszeugnis für den einjährigen Militärdienst verlassen hatte, trat er noch nicht 17jährig sogleich bei Beginn des Weltkrieges in die 2. Batterie des Feld-Artillerie-Regiments Nr. 30 zu Rastatt als Kriegsfreiwilliger ein. Er machte nicht nur den Krieg, in dessen Verlauf er mehrfach verwundet wurde, von Anfang bis zu Ende mit, sondern nahm auch an den anschließenden Befreiungskämpfen in den Jahren 1919 und 1920 bei der Marinebrigade "Ehrhardt" teil, (vgl. hierzu Bd.  1; S: 382 f dieser "Chronik-Bl.").

Am 16. April 1927 verheiratete sich Helmut J. mit Walli geb. Deitenbach zu Wiehl im Rheinland, der Tochter des dortigen Kaufmanns Rudolf D. und dessen Gattin Anna geb. Hahn. Aus dieser Ehe ging eine Tochter Dietlinde hervor, geb. 8. Febr. 1928 zu Wiehl.

Helmut J. erkrankte im Februar d. J. an Lungenentzündung, die sich infolge der Auswirkung seiner im Kriege erlittenen schweren Nierenverletzung schnell derart verschlimmerte, daß schon nach wenigen Tagen der Tod eintrat.

Am 19. Februar fand die feierliche Aufbahrung des von zahlreichen Kränzen bedeckten Sarges im Rathaussaale zu Troisdorf statt in Anwesenheit zahlreicher Vertreter der Gemeinde und Mitglieder der NSDAP, welche nach der Einsegnung der sterblichen Hülle durch Pfarrer Theys ihren hochgeachteten Bürgermeister und geliebten Kameraden das letzte Lebewohl zuriefen. Im Anschluß daran erfolgte die Ueberführung des Sarges nach Wiehl, dem früheren Wohnorte des Heimgegangenen, wo tags darauf, am 20. Febr. d. J., auf dem Friedhofe die ehrenvolle Beisetzung in Gegenwart einer großen An-





Seiten 428 - 429
Top

Seite 428

zahl von Abordnungen kommunaler Verbände und Parteiorganisationen stattfand.

Ueber den Verlauf der beiden tiefergreifenden Trauerfeierlichkeiten im Rathaus zu Troisdorf und an der letzten Ruhestätte zu Wiehl bringt der "Westdeutsche Beobachter" vom 20. und 21. Febr. d. J. spaltenlange Berichte, deren Wiedergabe uns hier leider wegen Platzmangels versagt ist, aus denen aber deutlich hervorgeht, welch eine außergewöhnliche Achtung, Verehrung und Beliebtheit sich der Bürgermeister und Obersturmbannführer Helmut Jakobs in seinem doppelten Wirkungskreise in Gemeinde und Partei trotz seiner jungen Jahre erworben hat.


Zu Wels in Ober-Oesterreich erlag am 11. März d. J. einem Schlaganfall

Emma Petzold geb. Luyken.

Emma Louise, Ottilie Luyken wurde am 19. Juli 1879 zu Wesel geboren; sie war die älteste Tochter und das älteste der sieben Kinder von † Christian Luyken [IX 5, Bd. I; S: 23 und 318] und Anna geb. Krieg in Wesel. Sie besuchte die dortige Töchterschule von Ostern 1886-1896 und dann ein Pensionat in Hannover. Während der darauf folgenden Jahre verblieb sie im Elternhause, wo sie der Mutter im Haushalt behilflich war und am gesellschaftlichen Verkehr unter Freunden und Verwandten der Familie teilnahm. In ihren Mußestunden widmete sie sich gern der Malerei.

Am 14. Mai 1904 verheiratete sich Emma in Wesel mit dem Kaufmann Heinrich ("Heinz") Petzold, dem am 12. April 1874 zu Asch im ehemaligen Deutsch-Böhmen geborenen Sohn von Georg Petzold und Emma geb. Gena, (vgl. den Nachruf in Bd. II; S: 93 f).

Nach der Hochzeit nahm das junge Paar in Wien seine Wohnung, wo Heinz mit seinem Freunde Liman eine Fabrik für Eisenbahn-


Seite 429

bedarfsartikel, die sich vornehmlich auf Staatsaufträge stützte, gegründet hatte. Als die letzteren aber nach dem Weltkriege infolge der Aufteilung der österreichisch-ungarischen Monarchie allmählich ausblieben, wurde die Firma i. J. 1927 aufgelöst, deren Leitung nach dem frühzeitigen Tode seines Teilnehmers Liman Heinz Petzold allein übernommen hatte. Dieser zog dann mit seiner Gattin Emma nach Gallneukirchen b/Linz, wo er während der nächsten vier Jahre in der Verwaltung der Ersten Oesterreichischen Diakonissenanstalt mitarbeitete. Im Jahre 1931 beteiligte er sich im benachbarten Wels an der Leitung der Filiale eines größeren Wiener Geschäftes.

Nach seinem schon im Oktober des nächsten Jahres erfolgten Tode entschloß sich Emma in Wels zu bleiben, da ihr das österreichische Land, in welchem sie die ganze Zeit ihrer so glücklichen Ehe zugebracht hatte, zur zweiten Heimat geworden war.

Da ihre Ehe kinderlos geblieben war, siedelte sie, um sich vor Vereinsamung zu bewahren, als Stiftsdame in das evgl. Heim zu Wels über. Hier fand sie auch eine ihr sehr zusagende Tätigkeit, indem sie sich mit großem Pflichtgefühl an der Betreuung der zur österreichischen Diaspora gehörenden Schulkinder beteiligte. Diesem liebevollen und segensreichen Wirken wurde Emma in der Nacht zum 11. März d. J. plötzlich durch Gehirnschlag entrissen; am Morgen dieses Tages fand man sie tot in ihrem Zimmer, nachdem sie tags vorher noch fleißig und in bester Gesundheit tätig gewesen war.

Wenige Tage darauf wurde Emma Petzold an der Seite ihres so sehr geliebten Gatten auf dem Friedhof zu Wels beigesetzt.


Anschriften: (Mitteilungen zu diesem Abschnitt werden baldmöglichst an den Herausgeber erbeten.)

Walter Kleemann, [IX 79, Bd. I, S: 54], Major a. D., seit 15. Febr. d. J. Werkluftschutzleiter bei der Fa. "Elektrometall G. m. b. H." in Stuttgart-Cannstatt, und Anna geb. Lichtenberg, Wohnung ebd. Bismarckstr. 74.

Otto Lorenz, Generalleutnant z. D., und Retha geb. van Woelderen [IX 82, Bd. I, S: 56], Hannover-Kleefeld, Nietzschestr. 1 (früher Spinozastraße).

Heinrich Kämper, Ingenieur, und Elsbeth verw. Kämper [X 29, Bd. I, S: 1, 13 u. 91] geb. Patschkowski, Siegen i. W., Häuslingstr. 2, (vgl. hierzu S: 422 dieses Heftes).

Lydia Thilo, [X 93, Bd. I, S: 143], seit März d. J. in Wesel, Hohe-Haus-Stiftung, Kronenmarkt.

Dr. Ing. e. h.Arnold Röhrig, [X 106, Bd. I, S: 153 u. Bd. II, S: 387], Geheimer Bergrat, Ministerialrat i. R., seit 1. April d. J. Geschäftsführer der Hauptverwaltung der Reichsknappschaft-Berufsgenossenschaft, und Natalie geb. Jaehnigen, Berlin-Zehlendorf-Mitte, Milinowskistr. 19.





Seiten 430 - 431
Top

Seite 430

Text muss noch eingegeben werden


Seite 431

Text muss noch eingegeben werden





Seiten 432 - 433
Top

Seite 432

Text muss noch eingegeben werden


Seite 433

Text muss noch eingegeben werden





Seiten 434 - 435
Top

Seite 434

Text muss noch eingegeben werden


Seite 435

Text muss noch eingegeben werden





Seiten 436 - 437
Top

Seite 436

Text muss noch eingegeben werden


Seite 437

Text muss noch eingegeben werden





Seiten 438 - 439
Top

Seite 438

Text muss noch eingegeben werden


Seite 439

Text muss noch eingegeben werden





Seiten 440 - 441
Top

Seite 440

Ein Auszug aus diesen beiden Briefen, von denen uns heute noch eine größere Anzahl erhalten ist, und die uns nicht nur einen herzbewegenden Beweis von der innigen Liebe unserer Urgroßeltern geben, sondern auch einen lehrreichen Einblick in die damaligen Zeitverhältnisse gewähren, soll später im Anhang zu dieser Lebensschilderung gebracht werden*).

Als die Verlobungszeit bereits sieben Jahre gedauert hatte, und das vergebliche Harren und Hoffen der Liebenden auf ihre eheliche Verbindung kein Ende zu nehmen schien, zumal die Franzosen immer noch im Rheinland hausten und auch Wallach besetzt hielten, unternahm Joh. Arnold im Herbst 1799 einen neuen energischen Schritt bei den Eltern seines lieben Grietchen, um ihre zu großen Besorgnisse zu zerstreuen und ihren hartnäckigen Widerstand zu überwinden. Da die bisherigen mündlichen Bitten nichts gefruchtet hatten, schreibt er dieses Mal einen großen Brief an Oheim und Tante Schneider, in welchem er auf den nun schon so lange währenden Zustand der Ungewißheit und Unsicherheit hinsichtlich seiner und Grietchens Zukunft hinweist, der sich bald zur Unerträglichkeit zu steigern drohe, weil er seine Arbeitskraft beeinträchtige und die seelische Ruhe raube.

Der uns in Abschrift erhaltene Hauptteil dieses 8 große Seiten umfassenden Briefes sei hier ausführlich eingeschaltet, da er nicht nur die so unerschütterliche und innige Liebe, sondern auch die ernste und tiefe Denkungsart, sowie das hohe Plicht- und Verantwortungsgefühl unseres Urahnen hell beleuchtet:

"Copie des Briefes an Oheim und Tante Schneider, der mich endlich zum erwünschten Ziel brachte.

Sehr hochgeschätzte, besonders Innigstgeliebte
Herr Oheim! Frau Tante!

Es tut meinem Herzen unsäglich weh, noch immer das Glück entbehren zu müssen, wonach ich nun schon so lange mich sehne, ich meine nämlich die eheliche Verbindung mit Ihrer lieben Tochter Grietchen, mit der ich schon so viele Jahre durch die innigste Liebe verbunden bin. Immer sah ich mit hoher Freude auf die Erfüllung dieses meines liebsten Wunsches hin, und immer schmeichelte ich mir mit der Hoff-


*) Eine Abschrift dieser zahlreichen Briefe hat vor mehreren Jahren unsere inzwischen hingeschiedende liebe Tante Frau Louise geb. Hesse, Gattin des i. J. 1906 verstorbenen Pastors Hermann Luyken [IX 31, Bd. I, S: 35 u. 466] eines Enkels von Joh. Arnold Luyken mit der Maschine hergestellt; obwohl damals schon über die Schwelle des 80. Lebensjahres hinaus, hatte sie doch die ebenso langwierige wie für uns dankenswerte Arbeit nicht gescheut, die wegen des stark vergilbten Papiers und der verblaßten Tinte nur schwer lesbaren Schriftzüge mit ihren, trotz des hohen Alters noch so gesunden und unbewaffneten Augen zu entziffern.

Der Herausgeber.


Seite 441

nung, daß sie bald, bald kommen werde. Indessen scheint sie von der einen Zeit zur andern immer weiter zu fliehen, und mit ihr flieht nun auch leider immer mehr die Freude und das Glück meines Lebens und - was meinen Kummer vergrößert - auch die Freude und das Glück meines Grietchens. So angenehm der Zustand liebender Verlobter ist, so traurig und selbst nachteilig für ihren inneren und äußeren Menschen wird er am Ende, wenn sie das Ziel ihrer Wünsche immer weiter und weiter hinausgesetzt sehen, wenn die lang ersehnte Vereinigung ihnen immer mehr erschwert wird. Hat die Liebe einmal nichts mehr zu geben, nicht mehr zu nehmen, ist sie völlig eins, o, dann ist auch vereintes Zusammenleben höchstes Bedürfnis, dann gibts für sie außer demselben keine Freude und keine Ruhe mehr. Dann ist eine jedesmalige Trennung nach augenblicklichem Wiedersehen schmerzliche Verwundung der Herzen. Von unserem eigenen Selbst gleichsam geschieden, fühlen wir da unsere Kräfte gelähmt, unsere Wirksamkeit gehemmt,unsere Heiterkeit verschwunden. Es ist uns nirgends ganz recht. Je länger ein solcher Zustand währt, desto mehr verliert nach und nach alles und selbst das Leben von seinem Wert, und die Seele versinkt allmählich in Mutlosigkeit und Schwermut, in eine Art von freudenloser Gleichgültigkeit, wenn sie nicht in irgend einem flüchtigen Augenblick halb verzweifelnd, mit Verletzung aller Schranken der Ordnung, Ehrfurcht und Sittsamkeit sich selbst die Bahn bricht, wodurch aber nicht selten in der Folge ihr Kummer noch vergrößert wird. Ich darf mich ja in dieser Hinsicht wohl nur auf Ihre vieljährige Erfahrung und Menschenkenntnis berufen, ohne dann nötig zu haben, Ihnen meine Lage und meinen Zustand zu beschreiben. Nur so viel erlauben Sie meinem gepreßten Herzen zu äußern, daß seit einiger Zeit eine schwermütige Stimmung sich meiner Seele bemächtigt hat, die mir immer mehr allen Mut, alle Kraft und Luft in meinem Atem raubt und mich gegen alles, was mich sonst erfreute, gleichgültig und unempfindlich macht. Mit inninger Wehmut denke ich oft daran, was ich sonst war und jetzt bin, und wenn ich mir dann vorstelle, was ich durch Vereinigung mit meinem Grietchen hätte sein können, in welcher anderen Lage ich mich wohl befunden hätte, wie glücklich ich längst mit ihr gewesen wäre, oder wenn ich je zuweilen an so viele meiner gleichzeitigen Freunde und Bekannte denke, die längst mit Frau und Kindern glücklich leben, und es mir dann im peinlichen Gefühl meines einsamen langen Harrens und Entbehrens so vorkommt, als ob ich wohl des Glücks nicht wert sein müßte; ach, dann habe ich - so schwach bin ich geworden - nur Tränen, meinen Zustand zu bedauern, besonders wenn ich noch dabei mein bestes Grietchen leiden und sich betrüben sehe. Ist es doch selbst so weit mit mir gekommen, daß ich scheuen muß, in Gesellschaft bei Freunden oder Bekannten mich zu zeigen, um dem überlästigen beständigen Fragen und Bewundern auszuweichen, indem ich ja am Ende nicht mehr weiß, was ich sagen soll, und nicht anders als mit peinigendem Stillschweigen antworten kann. Gegenstand des Mitleidens oder des Spottes zu sein, ist beides schmerzlich und traurig genug, wer schon ein von beiden sein muß.





Seiten 442 - 443
Top

Seite 442

Von Ihnen, meine Wertesten Herr Oheim, Frau Tante, von Ihnen hängt es ab, ob ich länger noch in einer solchen traurigen, Freude und Tätigkeit zerstörenden Lage bleiben und immer tiefer darin verkommen, oder aber bald zu einem neuem Leben gleichsam erweckt werden soll. Ja, Sie, Geliebteste, sind im Stande, mir und meinem Grietchen neues Leben, und, wie ich hoffe, die vorige Ruhe und Heiterkeit wieder zu geben dadurch, daß Sie gütigst nicht länger anstehen wollen, uns zu unserer ehelichen Verbindung Ihre so lang gewünschte elterliche Einwilligung zu gewähren, und uns so lang zurückgesetzten doch bald den Tag der höchsten Feier unserer Liebe zu bestimmen. Sie haben doch nichts gegen mich, das sagt mir mein Herz. Es versichert mir selbst Ihre Liebe, wovon ich ja von Jugend auf so viele Beweise erhalten habe. Sie wollen doch gewiß gern mein und Ihrer lieben Tochter Glück, das einmal nach dem Verhängnis des großen weisen Lenkers unserer Schicksale aufs genaueste miteinander verknüpft ist. Und darum bitte ich Sie um Ihrer Liebe, um unseres Glückes willen: lassen Sie uns doch nicht länger so traurig als Getrennte leben, überheben Sie uns doch bald der verzehrenden, ruhetötenden Sehnsucht. O, vereint mit meinem Grietchen bitte ich Sie, machen Sie doch bald unsere Liebe froh und heiligen Sie sie durch Ihren, uns so schätzbaren Vater- und Muttersegen, wie wir wünschen, daß Gott unser Vater im Himmel sie heiligen und stets mit seinem Segen beglücken möge.

Ich bin überzeugt, und eben diese Ueberzeugung ist es, die mich bei Ihren bisherigen Weisungen zur Geduld, so schmerzlich sie auch für mich waren, immer am meisten beruhigte und mein Vertrauen, meine Liebe und Hochachtung gegen Sie mächtig in mir erhielt und stärkte, ich bin überzeugt, sage ich, daß nur die äußeren Umstände, besonders die damalige politische Verfassung dieses Landes und Ihre daher entstehende Furcht vor etwaigen traurigen oder unangenehmen Ereignissen Ihrem für das Wohl Ihres lieben Kindes zärtlich besorgten Herzen den Entschluß der Einwilligung zu unserer ehelichen Verbindung so schwer machten. Nun ist's freilich wahr, daß diese Umstände nichts weniger als erfreuend und beruhigend sind und wahrlich kann wohl kein Mensch mehr als ich wünschen, daß sie bald zum Besseren sich ändern mögen. Aber wer weiß, wie lange dies bei den so sehr abwechselnden, sich fast beständig durchkreuzenden Wendungen der Kriegsbegebenheiten noch währen kann. Und darauf wollen und können Sie uns doch wohl nicht warten lassen. Die schlimmste Zeit, denke ich, ist dann doch wohl für uns hier vorüber. Wenigstens sehe ich in den gegenwärtigen Konjunkturen keinen Grund, eine schlimmere zu fürchten, denn beharrt der preußische Hof, wie doch nach allem vorgegangenen wahrscheinlich ist, bei seinem System der Neutralität, so läßt sich wohl eher erwarten, daß mit französischer Bewilligung die preußische Demarkationslinie bis an die Maaß ausgedehnt, und wir also dadurch wieder in unsere vorige glückliche Verfassung zurückkommen, als daß wir hier noch andere kriegerische Auftritte und Unruhen - etwa einige vorübergehende Einquartierungen ausgenommen - haben werden. Und haben wir es dann nur immer nicht


Seite 443

Text muss noch eingegeben werden





Seiten 444 - 445
Top

Seite 444

Text muss noch eingegeben werden


Seite 445

Text muss noch eingegeben werden





Seiten 446 - 447
Top

Seite 446

Text muss noch eingegeben werden


Seite 447

Text muss noch eingegeben werden





Seiten 448 - 449
Top

Seite 448

Text muss noch eingegeben werden


Seite 449

Text muss noch eingegeben werden





Seiten 450 - 451
Top

Seite 450

Text muss noch eingegeben werden


Seite 451

Text muss noch eingegeben werden





Seiten 452 - 453
Top

Seite 452

Text muss noch eingegeben werden


Seite 453

Text muss noch eingegeben werden





Seiten 454 - 455
Top

Seite 454

Text muss noch eingegeben werden


Seite 455

Text muss noch eingegeben werden





Seiten 456 - 457
Top

Seite 456

Text muss noch eingegeben werden


Seite 457

Text muss noch eingegeben werden





Seiten 458 - 459
Top

Seite 458

Text muss noch eingegeben werden


Seite 459

Text muss noch eingegeben werden





Seiten 460 - 461
Top

Seite 460

Text muss noch eingegeben werden


Seite 461

Text muss noch eingegeben werden





Seiten 462 - 463
Top

Seite 462

Text muss noch eingegeben werden


Seite 463

Text muss noch eingegeben werden





Seiten 464 - 465
Top

Seite 464

Text muss noch eingegeben werden


Seite 465

Text muss noch eingegeben werden





Seiten 466 - 467
Top

Seite 466

Text muss noch eingegeben werden


Seite 467

Text muss noch eingegeben werden





Seiten 468 - 469
Top

Seite 468

Text muss noch eingegeben werden


Seite 469

Text muss noch eingegeben werden





Seiten 470 - 471
Top

Seite 470

Text muss noch eingegeben werden


Seite 471

Verheiratet:

25. Aug.   Dr. Alfred Luyken [XI 14, Bd. I, S: 67 u. Bd. II, S: 104] zu Bonn, (S. v. † Alfred Luyken und † Else geb. Neuhaus) mit Marga geb. Venitz (T. v. † Friedrich Venitz und Gertrud geb. Schaefer, ebd., Hindenburgstraße 69).

Foto
von links nach rechts: Thea Feltgen geb. Venitz, Gertrud Venitz geb. Schaefer,
Dr. Erich Feltgen, Brautpaar, Pfarrer Brinkmann, Emma Luyken [XI 9],
Maria Katzenberger, Ingeborg und Dr. Richard Luyken [XI 11].

Nachdem die standesamtliche Eintragung schon tags vorher unter der Mitwirkung von Bankdirektor Scheuern und der Schwester der Braut, Thea Feltgen geb. Venitz als Trauzeugen erfolgt war, vollzog Pfarrer Brinkmann die kirchliche Einsegnung des jungen Paares.

Am anschließenden Festessen nahmen außer der Mutter und Schwester der Braut noch teil: Ihr Schwager Dr. Erich Feltgen, der Bruder des jungen Ehemanns, Dr. Richard Luyken [XI 11] mit Gattin Ingeborg geb. Willms und Base Emma Luyken [XI 9], ferner Pfarrer Brinkmann, Frl. Maria Katzenberger (früher Hausdame beim Bräutigams-Vater) und Herr Ehrhard Lohmar.

Nach der Abreise des jungen Ehepaares blieben die Hochzeitsgäste noch mehrere Stunden in froher Unterhaltung zusammen.


70. Geburtstag:

15. Juli    Georg Schollmeyer, Besitzer der alten Universitäts-Apotheke "Zum Schwan" in Marburg a. d. L., Schwanallee 7; [X 174, Bd. I, S: 190 u. Bd. II, S: 219].






Seiten 472 - 473
Top

Seite 472

Text muss noch eingegeben werden


Seite 473

Text muss noch eingegeben werden





Seiten 474 - 475
Top

Seite 474

Text muss noch eingegeben werden

Chronik
der Familie Luyken und Anverwandten.

Generation VII
(Fortsetzung zu Heft 16, 2)

Stammreihe der Linie Luyken-Holten-Wesel: I) Hendrich Luyken († 1607); - II 1) Hermann L. (1589-1630); - III 3) Johannes L. (1624-1691); - IV 7) Daniel (I) L. (1665-1724); - V 23) Daniel (II) L. (1703-1784); - VI 6) Daniel (III) L. (1733-1807); - vgl. Bd. I, S: 391, 394, 413, u. Bd. II, S: 10 u. 163.


Anhang
zur Lebensschilderung von
Johann Arnold Luyken, Prediger zu Wallach,
und Margaretha Gerdrutha geb. Schneider.
A. Lebenserinnerungen von Joh. Arnold Luyken.
(Fortsetzung zu Heft 16,2, Seite 468.)

Den 30. Mai reiste mein Vetter Waltmann und mit ihm auch ich und meine Schwester Gerdrutha nach Amsterdam, wo wir dann über Emmerich, Arnheim, Amersfort, Muyden den 31. abends ankamen und unsere Schwester Christina nebst dem lieben Oheim und Familie gesund und wohl antrafen. Das kaufmännische Gewühl der großen reichen Stadt, die Schönheiten und Merkwürdigkeiten derselben, ihre Lage an der Amstel und Sundersee, die Gegenden um sie her, die von dem Fleiß und dem Wohlstand ihrer Bewohner zeugen,


Seite 475

zu besehen, war nun wochenlang meine größte Freude, wobei ich dann durch Unterrichtnehmen in der englischen Sprache, durch Uebung in der Musik, durch gesellschaftlichen Umgang, durch Lesen schöner Schriften mir die Zeit angenehm und nützlich zu machen suchte. So gings denn bald einmal nach Oudeskerken, bald nach Seeburg, bald nach Muyderberg, bald nach Haarlem u.s.w.

Den 9. Juli predigte ich für den dortigen damaligen hochdeutschen Prediger Keßler in der neuen Stadtkapelle; den 16. Juli predigte ich wieder. So suchte ich auch, die Zeit dem Zwecke meiner Bestimmung gemäß zum studieren und fortschreiten in Wissenschaften zu benutzen. Abwechselnd gab's dann wieder Spaziergänge. Ich sah ein schönes Feuerwerk, das Bombardement von Gibraltar vorstellend, besuchte Sonntags die verschiedenen Kirchen der Reformierten, Lutheraner, Katholiken, der Mennonisten, Remonstranten, Herrenhuter, Griechen und Perser, die französische und die englische Kirche, ergötzte mich an dem schönen Orgelspiel in der neuen Kirche, an dem Menschengewühl auf dem Damm, auf der Börse, an der Baukunst im prächtigen Rathause. Besonders erfreute ich mich im Besuchen der deutschen, französischen und der holländischen Nationalschaubühnen, wo besonders die Ballets prächtig gegeben wurden, im Besuche der großen vortrefflichen Konzerte und im Besehen so vieler großen vortrefflichen öffentlichen Anstalten aller Art.

Den 22. September abends setzte ich mich mit Waltmann, den beiden Schwestern in die Nachtschuyte auf Leiden, wo wir morgens 5 Uhr ankamen. Von da gings weiter auf Delft, von da auf Rotterdam, wo wir im Schweinskopf auf dem Markt unser Quartier nahmen. Den 24. morgens fuhren wir wieder zurück auf Delft und dann auf den Haag. Wir blieben hier 3 Tage, die wir auf das angenehmste zubrachten. Ich lernte auch den Prediger Jorißen zuerst kennen, für den ich Sonntag den 27. in der schönen neuen Kirche predigte.

Schön und angenehm ist der Haag mit seinen vielen Schlössern und Palästen, mit seinen vortrefflichen Promenaden und herrlichen Umgebungen! Wir fuhren nach Scheveningen, freuten uns des großen Anblicks der Nordsee, dessen kleine Wellen - denn es war gerade nicht Kanalwind - besonders in der Ferne in allen Farben spielten.

Den. 28., morgens 7 Uhr fuhren wir auf Amsterdam zurück, wo wir um 3 Uhr nachmittags ankamen. Es war jetzt gerade die Zeit der großen Kirmes in Amsterdam, wo von morgens bis in die Nacht ein wahres Menschengewimmel ist, und wo es denn an allerlei Sehenswürdigkeiten, an Künsten und Gaukeleien aller Art von Menschen aus allen Nationen nicht fehlt, die denn auch von Zeit zu Zeit von uns in Augenschein genommen wurden, wo wir denn um diese Zeit einmal das Wesen der armen so tief versunkenen Geschöpfe in den Spielhäusern sahen.

Im Oktober machte ich noch ein schönes Tourchen nach Neuendam und Broik in's Waterland, wo man über die Menschen in ihrer übertriebenen Reinlichkeit sich nicht genug verwundern kann, sah ein Kabeltau für ein Schiff von 50 Kanonen von 16 Zoll im Umkreis





Seiten 476 - 477
Top

Seite 476

verfertigen; hörte den Abt Vogler in der alten Kirche mit der ganzen Kraft des Ausdrucks die Orgel schlagen und fuhr den 15. mit dem Burtschiff abends 6 Uhr nach Haderwyk. Am 17. fuhr ich den nämlichen Weg, aber wegen des contrahen Windes langsamer nach Amsterdam zurück.

Schön und lieblich war die Ankunft an einem heiteren Morgen im Angesichte der großen Stadt, mit allen ihren Türmen in leichtem Nebel gehüllt, und des Waldes von Schiffen! Den 15. Dezember morgens 8 Uhr bestieg ich die Schuyte nach Utrecht. Den 16. fuhren wir auf Nimwegen und um 1 Uhr über Cranenburg nach Cleve. Den 18. verweilten wir in Cleve. Ich hatte vielen Freudengenuß im Wiedersehen der alten Freunde Sethe; und am 19. fuhren wir auf Wesel. Das Andenken an die vielen, während meines halbjährigen Aufenthaltes in Amsterdam genossenen Freuden an die angenehmen Bekanntschaften, die ich machte, an alles was ich sah und lernte, wird mir immer köstlich sein.

Die Zeit von meiner Rückkunft aus Amsterdam im Dez. 1789 bis zu meinem Eintritt ins Amt im März 1793, oder vielmehr bis zur Ernennung als Prediger in Wallach im Dez. 1792 kann ich als die Zeit meines eigentlichen Kandidatenstandes ansehen. Indem ich mich in dieser Zeit nicht nur ernstlicher und näher auf meine Bestimmung vorbereitete, sondern mich auch angelegentlich um die Erhaltung einer Predigerstelle durch Predigen in vakanten Gemeinden bewarb und bemühte. Diesen 3jährigen Zeitraum aber kann ich auf für den schönsten im Lenze meines Lebens ansehen. Freundschaft und Liebe gaben mir die süßesten, mannigfaltigsten Genüsse, durch ununterbrochene Gesundheit erhöht und durch mäßige Beschäftigung verschönert.

Ich genoß so das Leben im Kreise von lieben Verwandten, wovon besonders eine, mein liebes Grietchen, jetzige theuerste Frau und liebe Mutter meines Töchterchens und Söhnchens, nach und nach immer mehr mein Herz gewann und in Liebe an sich zog. Es schwanden mir die drei Jahre im schönsten Lebensgenusse, und noch schlägt fühlbar höher auf mein Herz, indem ich in diesen Augenblicken mich lebhaft in diese Zeit zurücksetze.

(Hier folgt Bericht über Reisen i. J. 1790 nach Xanten, Cleve, Nimwegen, Düsseldorf, Wichrathsberg; die letzere zum Besuch des Bruders Heinrich, im September nach Wesel zurück.)

Hier traf ich nun bald darauf Freund Eck, Prediger aus Herdecken, mit dem ich über den 25. Sept., dem Geburtstage des Königs, nachdem wir am Morgen erst dem schönen Manöver der Dragoner-Regimenter auf der Diesforter Heide zugesehen, und um 1 Uhr bei dem Posthalter Dickmann in der Freude beim Glase Wein zur Ehre des Königs uns zu sehr vergessen hatten, auf einem wilden Ritte mit schwerem Kopfe durch einen Sturz vom Pferde leicht unglücklich hätte werden können, wenn nicht Gottes gütige Vorsehung auch hier wie in manchen anderen Fällen, wo ich nicht immer genug auf mich selbst achtete und manchmal im Hochgenuß der Freude die Schwelle


Seite 477

der Ordnung und Mäßigkeit überschritt, mich wunderbar bewahrt hätte!....

(Weitere Ritte nach Kranenburg, Süchteln, mit Besuch bei Gottfried Adrian Leuken
[VI 25, ds. Bd., S: 234], Viersen; den 11. Dezember nach Wesel zurück.)

Den 12. war Familientag bei meinem Oheim in der Sandstraße; und immer waren die Familiengesellschaften, die damals abwechselnd alle 14 Tage bald bei uns auf der Baustraße, bald auf der Sandstraße gehalten wurden, wahre Feste für mich, indem sie mir Gelegenheit gaben, mein Grietchen zu sehen und zu sprechen, wovon ich schon damals mein Herz angezogen fühlte. - - -

(Weitere Reise nach Cleve und Nimwegen.) - - -

So gab es in diesem Jahre der Freuden viele, aber doch auch, wie denn nichts in der Welt vollkommen ist und sein soll, mitunter unangenehme Tage und Stunden; Anlaß dazu gab insbesondere das aus dem Conzeptkommen in einer Abendpredigt den 28. Februar d. J., so daß ich das Conzept aus der Tasche nehmen und vor mir legen mußte, welcher Vorfall bald zum gänzlichen Verlassen des Predigergeschäfts die Veranlassung geworden wäre, wenn ich nicht auf Zureden von Freunden und Verwandten mich aufs neue zum predigen entschlossen und mich immer mehr wie bisher darin geübt hätte.

Noch muß ich in diesem Jahre bemerken, daß ich im Januar desselben eine Aufforderung vom Consistorium aus Castrop erhielt, mich dort in der Kirche hören zu lassen, wozu ich aber des traurigen Ortes und der Entfernung wegen, besonders da man noch um meine Orthodoxie zu probieren, ganz gegen alle gewöhnliche Sitte einen Probetext aus Joh. X, 14*) mir aufgab, keine Lust hatte.

Das Jahr 1791 war nun im ganzen nicht weniger angenehm und freudenvoll für mich. Vetter [Arnold] Schneider erhielt im Anfang des Jahres zu meiner Freude den Beruf nach Süchteln; und so übernahm ich nun vom 1. April an in Gemeinschaft mit ihm die Predigttouren, wofür Oheim Schneider uns vierteljährlich jedem 25 Thaler zulegte. Dies war nun eine schöne Sache für mich, indem ich dadurch bestimmte und zweckmäßige Geschäfte erhielt. Mein lieber Oheim predigte in seiner Blindheit zuweilen noch einmal mit, um uns eine Freude zu machen.

Ueberhaupt gabs von dieser Zeit an in dem Hause meines Oheims der frohen Stunden immer mehrere für mich, indem ich außer dem immer angenehmen gewöhnlichen Familienzusammenkommen des öfteren hinkam, jedesmal Freitags nach der Predigt auf dem Hohen Hause und öfter da speiste und meinem Oheim vorlas, wobei es dann selten an einigen schönen Augenblicken fehlte, wo ich mein Grietchen im Garten oder im Quartier oder sonst allein sah und ihr etwas von dem, was ich immer stärker für sie fühlte, zu erkennen geben konnte.

*) Joh. X, 14 lautet: "Ich bin der gute Hirte und erkenne die Meinen und bin bekannt den Meinen."





Seiten 478 - 479
Top

Seite 478

Den 1. März schloß ich mit dem Landrat Siegfried als Deputierter der Societät den Kauf des jetzigen Societät-Hauses für 3000 Thaler ab. - - -

(Reisen nach Mülheim, Kettwig, Werden. Ritte über Duisburg nach Mülheim.)

Den 1. Januar 1792 fing ich mit der Neujahrspredigt in der Frühkirche an und endigte ihn mit der Freude im Hause meines Oheims in der Sandstraße. Ueberhaupt waren diese Neujahrsabende wahre Familienfeste, woran die jungen Leute mit Gesang und Musik und mit diesem oder jenem unschuldigen Spiel sich erfreuten, während die lieben Eltern an der Freude ihrer Kinder selbst ihre Freude sahen und wohlzuweilen teil daran nahmen. - - -

(Reise nach Mülheim, Duisburg, Krefeld, Isselburg, Anholt, Haldern.) - - -

Ueberhaupt war auch dieser Sommer wieder reich an Freuden auf dem Biesen, Isselmann, Schwarzenstein, die für mich doch dann erst den höchsten Wert erhielten, wenn auch mein Grietchen daran Anteil nahm, da unsere Herzen sich bereits verstanden und immer mehr durch gegenseitige Liebe angezogen wurden. Die Stärke derselben von meiner Seite gewahrte ich erst recht, als bei Gelegenheit einer frohen Gesellschaft auf dem Biesen - - - die schönen Augenblicke mir zu entgehen schienen, die ich am ersten mit ihr zu teilen mich berechtigt hielt. Es war eine tiefe, schreckliche wehe Empfindung, die sich jedoch bald in süße Tränen an ihrer Seite auf meiner kleinen Stube auflösten. Es waren dies Tränen der Weihe unserer Liebe.

Am 6. August, am Abend der Begleitung der beiden Brüder Friedrich und Carl Meister bis Voerde, machte ich noch spät, es war 8 Uhr, in hoher Stimmung, angezogen durch Liebe, einen forcierten Drei-Hufeisen-Ritt nach Schwarzenstein, wo mein Grietchen mit ihren Eltern und Schwager Eichelberg war. Alles war romantisch! Im Mondschein in der Ferne das Grauweiße des Turmes durch das Dunkel der Bäume, das Schimmern des Lichtes, der Hufschlag am Tor, das Knarren der Angeln, die süße Stimme aus dem Fenster pp.! Das sonderbarste war, daß ich mich nicht halten lassen wollte, so sehr, so dringend, so innig, so herzlich und liebevoll man mich bat. Aber das gehörte zum Ganzen, ich mußte zurück, riß mich los und sprengte davon, ritt den gefährlichen Fußweg am Fürstenberg und kam um 11 Uhr glücklich nach Wesel zurück. Natürlich lohnte ich meinem Grietchen die angstvollen Stunden durch ein baldiges Wiederkommen des folgenden Tages, wo ich dann an ihrer Seite die süßesten Stunden genoß. - - -

Ich predigte um diese Zeit verschiedentlich hier in Wallach, zum ersten mal den 2. Juni d. J.; den 9. war die Wahl hierselbst, und alle Stimmen fielen auf mich. - - -

Ich endigte das Jahr, wie ich es angefangen, mit der letzten Predigt des Jahres in der Abendkirche, die zugleich eine Art Abschiedspredigt war. Noch muß ich von diesem Jahre bemerken, daß der Plan meines Bruders Daniel, des lieben treuen Theilnehmers an allem,


Seite 479

mit dem ich so ganz das Leben lebte, zur Anlage einer Seifensiederei nach so vielen andern gemachten Plänen darin zur Reife gedieh, und daß bereits die gehörigen Anstalten dazu getroffen, auch ein Meisterknecht angenommen wurde1).

Das Jahr 1793 fing ich mit der Neujahrspredigt hier in Wallach an.

(Ritte nach Mülheim zu Friedrich Meister
.)

Den 28. Februar, abends, ging ich denn allein im Gedränge mancherlei Gefühle und Gedanken dem Dörfchen meiner Wohnung zu; ich verließ den guten elterlichen Herd, um nun den eigenen zu besorgen. Den 3. März, am Tage der oculi, wurde ich hier eingesetzt und hielt meine Auszugspredigt.

(Ritte nach Hochemmerich, Homburg, Cleve.)

Vom 8.-14. August wohnte ich der Generalsynode in Duisburg bei, worauf ich scriba primarius wurde, wie ich denn schon scriba classist Synodi war, ging ich nach Ruhrort und Hochemmerich und kehrte, nach vielen Bekannschaften gemacht und erneuert zu haben, den 16. über Mülheim, wo ich von der freundlichen Stube gleichfalls Abschied nahm, nach Wesel zurück. Den 25. August hielt ich in der französischen Kirche in Wesel auf Ersuchen des alten Vetters Carp 2) eine französische Predigt, wie ich dann bald darauf den 6. Oktober, den holländischen Lieben zu Gefallen, die hier in Wallach einige Tage bei mir waren, auch einmal hier in holländischer Sprache predigte. Wäre ich in Wesel nicht bereits gewählt gewesen, ich würde nach der Versicherung vieler Freunde nach meiner Predigt wohl französischer Prediger in Wesel geworden sein3).

Eines fehlte mir, die Erfüllung meines Wunsches in Absicht der näheren Verbindung mit meinem Grietchen. Ich hielt darum an, aber vergebens. Mit dem Grunde, sie sei zu jung an Jahren, ich zu jung im Amte, wurde ich zur Geduld verwiesen. Ich war indessen froh, das hohe Wort einmal gesagt zu haben, und freute mich meiner Liebe.


1) Vgl. Hierzu Seite 305 f dieses Bandes.

2) Gemeint ist wohl Peter Theodor Carp (1724-1800), der damals Richter bei der französischen Kolonie in Wesel war, oder vielleicht auch dessen Bruder Gottfried Wilhelm Carp (1731-1812), Pfarrer zu Hemmen, Wesel und später Bommel; vgl. Seite 144 dieses Bandes.

3) Hier ist zu bemerken, daß Wesel damals nicht von den Franzosen besetzt war, dort aber eine französische Kirche aus der Zeit der Gegenreformation bestand. Zwischen französischen und deutschen Protestanten hatte wohl stets eine engere Verbindung bestanden. Die "Erbfeindschaft" gegen Frankreich war damals noch nicht wieder erwacht; im Gegenteil beherrschte französisches Denken und Vorbild teilweise noch immer Deutschland und namentlich die Grenzlande.

Rud. L. [X 86]





Seiten 480 - 481
Top

Seite 480

Bei aller Freude zeichnet sich nun aber auch dies Jahr meiner Haushaltung hierselbst durch große Unannehmlichkeit aus. Ich wurde nämlich in der Nacht vom 9. zum 10. Oktober, als ich des Abends gerade nach Wesel gegangen und bei Vetter Eichelberg in froher Familiengesellschaft war, durch gewaltsamen Einbruch bestohlen. Man raubte mir silberne Löffel, Kleidungsstücke und Tischzeug über 100 Thlr. an Wert. Ein großer Verlust für einen Anfänger, der mir jedoch zum Teil durch meine lieben Eltern und Bruder wieder ersetzt wurde. Ich danke indessen Gott, daß ich nicht zu Hause war, indem ich, da ich in der nämlichen Stube schlief, und die Räuber mit einem eisernen Kolben einen Streich aufs Bett geführt hatten, wie man aus dem Eisen, das von einem Pflugschar war, und aus dem Streifen roten Sand über die Bettücher erkannte, leicht selbst hätte erschlagen oder doch einen tödlichen Schrecken hätte haben können.

Zu dem unangenehmen des Jahres gehörte auch, daß ich eine Magd hatte, die an der fallenden Sucht litt, und wodurch ich nicht selten in Sorge und Schrecken versetzt wurde; eine andere, Margareth Woyers, aus Brünen, die ich im Herbst bekam, schien zu meiner Sorge anfangs die Dummheit selbst, leistete mir aber in der Folge die trefflichsten Dienste.

Zu dem Traurigen des Jahres gehört, daß ich am Ende desselben durch eine schwere Krankheit, die meinen Bruder Daniel befiel, betrübt wurde, wovon er sich jedoch nach einigen Wochen zu unser aller Freude wieder völlig erholte.

Das Jahr 1794 ward ein trauriges schweres Jahr für mich, so schwer, wie ich es nimmermehr zu erleben wünsche. Je mehr der Revolutionskrieg sich unserer Grenze näherte, desto mehr sah ich die Erfüllung meiner süßesten Hoffnung und Absicht der Verbindung mit meinem Grietchen schwinden oder doch aufs ungewisse lange hinausgeschoben; desto größer ward die Furcht vor den Gefahren des Krieges, die endlich, je näher die Franzosen rückten, und je mehr es von Seiten der Kaiserlichen und Preußen bei Büderich auf der Insel und bei Wesel auf Verteidigung und Gegenwehr angelegt zu werden schien, auf einige Wochen in den schrecklichen Zustand einer beständigen Aengstlichkeit überging, die durch das gefürchtete Uebel selbst, durch den Einmarsch der Franzosen nach dem blutigen Treffen bei Büderich wieder gelindert und nach und nach durch die gute Disziplin der französischen Truppen, besonders durch den durchgehends frohen und menschenfreundlichen Charakter der einquartierten Offiziere wieder gehoben wurde. Doch fehlte es bei den beständigen Einquartierungen, bei der darzureichenden Nahrung derselben, bei der entsetzlichen Strenge des Winters, bei den beständigen Requisitionen von Korn, Vieh und Fourage, bei dem zu fürchtenden Mangel an Lebensmitteln und Geld, da die Truppen nur Assignaten bei sich trugen, bei der gänzlichen Abgeschlossenheit von Wesel und allen Freunden, bei der beständigen Umgebung von Franzosen pp. nicht nur an mancherlei Unruhen, Sorgen und Beschwerden, über deren Hebung sich allmählich die Hoffnung verzehrte, und die Zeit immer länger uns schwerer wurde. Jedoch


Seite 481

half die Kenntnis der französischen Sprache und die Jovialität der meisten der einquartierten Offiziere mir oft, die Zeit zu kürzen und erleichtern.

Überhaupt aber blieben die letzten Monate dieses Jahres die drückendsten, die ich je erlebte, so angenehm dagegen die ersten desselben mir vorüberflossen. Es waren die letzten der gänzlich freien preußischen Verfassung und Regierung für die diesseitigen Provinzen.

Die Führung meines hiesigen Hausstandes blieb mir nun allein und meiner treuen Magd Margareth überlassen. Um diese Zeit fingen bereits die Gefahren des Krieges an, sich zu nähern.

Im Anfang des Oktobers nahm die Besorgnis wegen der Ankunft der Franzosen immer zu, so daß schon viele, wie z. B. auch die Frau v. d. Rieler (?) mit ihren Töchtern sich über den Rhein begaben, der auch ihr Mann vielleicht ohne mein starkes Widerraten bald gefolgt sein würde. Bei den letzen Uebergängen nach Wesel ward mir immer schwüler.

Den 20. begleitete ich Bruder
Daniel, doch nur bis auf die Insel bei Wesel, wo preußische Batterien angelegt wurden. Den 12., als Vetter [Arnold] Schneider aus Büderich bei mir war, erschien die erste französische Patrouille in Büderich und forderte 15 Louisdors. Den 22. begleitete ich die Magd von Wesel selbst dahin, und das war das letzte Mal, daß ich in diesem Jahr meine Eltern, mein Grietchen und alle meine Lieben sah und sprach, den schon den 24. kam ich in die angstvolle Lage. Ich war wegen der mit dem Vetter Schneider abgeredeten Heuablieferung an die Stadt Büderich nachmittags zu ihm gegangen, und gerade als ich dem Kanal zuging, um vielleicht noch den einen oder anderen Weselschen Freund zu sehen, kam plötzlich hinter mir eine schwere Patrouille französischer Chasseurs à Cheval. Bei meiner Rückkehr, wobei ich einige Augenblicke der Gefahr wegen anstand, ob ich mich nicht lieber über den Rhein schaffen lassen wollte, da gerade ein Nachen abfuhr, begegneten mir die ersten Chasseurs, ein fürchterlicher Anblick! Vetter Schneider war schon mit ihnen in Gang. Mit Zurücklassung meiner Uhr im Predigerhause machte ich mich in der Angst gejagt nach Wallach. Unterwegens hörte ich schon von der Plünderung in meinem Hause. Ich stellte mir das Schlimmste vor, doch betraf es nur Wein, Fleisch und andere Eßwaren; alles übrige war sonst unversehrt. Die meiste Angst machte mir das aufgeladene Heu, wonach sie gefragt hatten, und das sie als für die Kaiserlichen bestimmt, ansahen. Die Patrouille kam von Büderich zurück. Sie hatte mit den Vorposten geplänkert, sowie ich denn sogleich bei meinem ersten Begegnen derselben die Attacke und den Kanonendonner hinter mir hörte, noch ehe ich Büderich wieder erreichen konnte, und von der Stadt einiges Geld erzwungen hatte. Bei ihrem Rückritt hielten zwei Halunken an meinem Hause an, die mit dem Säbel über den Kopf nach Wein und 8 Hemden und 4 Oberhemden von mir erzwangen und noch einige Kleinigkeiten, als Pfeiffen pp., mitnahmen. Von der Zeit an war nun die Angst fortwährend, indem sich täglich bald französische, bald Kaiserliche Pa-





Seiten 482 - 483
Top

Seite 482

trouillen hier einfanden und gewöhnlich bei mir ansprachen und Hunger und Durst zu stillen suchten. Jedes Hundegebell erschreckte, und keine Stunde bei Tag und Nacht war man sicher. Ich schickte Klosemann noch ein paar mal nach Wesel, der mir zu meiner Freude auch ein französisches Wörterbuch von Carp mitbrachte. Im sehnlichen Verlangen nach der Beendigung dieser angstvollen Lage, kam endlich der 9. November (1794), der die Macht der Franzosen an dem linken Rheinufer entschied. Es war ein banger Tag, gerade Sonntag. Fürchterlich war das Getöse des Treffens, schrecklich der Kanonendonner, besonders von der Batterie bei dem Büssong, der hier selbst die Gläser zittern machte. Still und ruhig ritt viele Kavallerie hindurch dem Feuer entgegen. Nach 10 Uhr ließ die heftigste Kanonade nach, und Büderich war erobert, die Kaiserlichen über den Rhein vertrieben. Ich hatte mich auf den Turm hierselbst begeben. Nur hinderte der Pulverdampf den Blick auf die Streitenden. Der Tag ging übrigens gegen Erwartung ruhig für uns vorüber, und ich dankte Gott, der den Franzosen Sieg gegeben und uns vor größeren Gefahren gesichert hatte*).

Den 12. nachm. rückte die erste französische Einquartierung hier ein. Sie war von dem 2. Bataillon der 13. Demi-Brigade der Division des Generals Lefèvre, leichte Infanterie Chasseurs à pied. Ich erhielt vier Offiziere in Quartier, denen fast wöchentlich abwechselnd immer andere folgten. Die Angst ging allmählich vorüber, nur die tägliche Unruhe blieb, die jedoch durch das gute Betragen der meisten Einquartierten erleichtert wurde. Unser öffentlicher Gottesdienst ward nicht gestört. Nur ward den 9. und 16. nicht gepredigt. Den 19. November ging ich mit meinen einquartierten Offizieren zuerst einmal wieder nach Büderich und sah Wesel, wovon ich nun ganz abgeschnitten war, indem völlige Sperrung des Rheins eintrat; sowie ich denn mit den Offizieren bald hierhin bald dorthin ging und mir meine Lage, so traurig sie nun einmal war, so angenehm als möglich zu machen suchte. So floß, jedoch langsamer als es mir je schien, die Zeit und das Ende des Jahres näherte sich.

Es zeichnete sich durch große Kälte aus, die schon am 25. Dezember den Rhein zum Stehen brachte. Den 30. erhielt ich die erste Nachricht von meinen Lieben in Wesel durch einen Brief von meinem Bruder Daniel, vom 7. datiert. Groß war meine Freude, und die teilnehmende Magd Margareth weinte, - umringt von Franzosen. -

Nie konnte ich daran denken, meines so lang genährten süßesten Wunsches Erfüllung zu sehen. Zwar blieb die Hoffnung, doch verlor sich die Aussicht ins Ungewisse.

*) Diese Aeußerung kann nicht als Mangel patriotischen Empfindens im Sinne der heutigen Zeit gedeutet werden. Offenbar wurde die Ueberlegenheit der Franzosen über die Kaiserlichen von dem Verfasser klar erkannt, und der Dank gilt dem Aufhören dieses nutzlosen Blutvergießens und der Behebung dieses Umstandes der Ungewißheit.

Rud. L. [X 86]


Seite 483

So brachte ich den ersten Abend des Jahres 1795 im Andenken der sonstigen frohen Stunden desselben an der Seite meines Grietchens in der Sandstraße nun in einsamer Stille nachdenkend zu. Die Einquartierungen und Requistionen aller Art waren besonders in dem ersten Monat dieses Jahres bei der strengen Kälte, die die französische Armee zum Einmarsch in Holland benutzte, sehr überhäuft und drückend. Der Sprache wegen fiel mir manches zur Last, oft wurden die Billets zur Einquartierung in meinem Hause gemacht, bald mußte ich hier, bald dort helfen und Auskunft geben, mein ganzes Haus war, besonders, da ich immer Offiziere zur Einquartierung hatte, beständig voll Leute, dann klagte dieser, dann jener Bauer über seine Einquartierung, um geholfen zu werden; dann hatte ich manchmal selbst mit meinen Leuten genug im Hause zu tun. Dabei mußte ich wegen Contributionsforderungen von der Geistlichkeit ein paar mal in diesem Monat bei der sehr strengen Kälte nach Xanten, wo ich mich jedoch durch muntere Gespräche mit meinen Freunden Gantesweiler, Schlegdendahl, Fabricius wieder stärkte und erquickte. Ein Glück war es, daß ich eine Magd hatte, die sich mit Munterkeit in alles zu schicken wusste und treu und tugendhaft in ihrem ganzen Betragen mir Freude machte.

Durch die Eroberung Hollands wurden wir in diesen Gegenden etwas erleichtert, besonders angenehm war die Befreiung von Einquartierung, die vom 1.-24. Februar (1795) aus Furcht der Franzosen vor den Ueberschwemmungen des Rheins hier stattfand. Ich grub in dieser Zeit, was ich an Wein und sonstigen Sachen sogleich nach der ersten kleinen Plünderung der Chasseurs in der Scheune vergraben hatte, wieder aus. - - -

In der Nacht vom 10. auf den 11. ging der Rhein los. Das schnelle Auflaufen des Wassers wäre mir auf einem Gange vom Poddeckel hierher bald gefährlich geworden. Die Furcht vor dem Durchbruch des Deichs ließ jeden auf die Sicherung seines Viehs und seiner Sachen bedacht sein. Doch war zum Glück die Arbeit vergebens. Nach diesen erfreulichen Tagen der Ruhe, die ich mitunter zu manchen angenehmen Gängen nach Büderich, Offenburg, Rheinberg pp. benutzte, fing nun nach gefallenem Wasser mit dem 24. Februar die Unruhe wieder an, da nicht nur wieder die nach der Höhe gezogenen Truppen einrückten und nun die Anzahl der Personen und des Viehs die Vorräte von Korn angegeben werden mußten, man auch dabei bei immer wiederholten Visitationen nach Haber und Heu und bei der Wegnahme, wo sie es fanden, das Umkommen seines Viehs befürchten mußte. Eine traurige Lage! - - -

Der Monat April war nicht weniger unruhig durch Einquartierung, Requisitionen und Hausvisitationen. Hier gab das Gerücht des Friedens zwischen der Republik und Preußen dem Herzen neue Hoffnung und in der Hoffnung Erleichterung. Ich dachte nun, mit jedem Transport, dem ich in Büderich beiwohnte, mit hinüber kommen zu können. Aber vergebens.

Den 24. April ward mir endlich die Freude zutheil, alle meine Lieben in Wesel wieder zu sehen. - - -





Seiten 484 - 485
Top

Seite 484

Nie schien mir die Zeit träger fortzuschleichen als in diesen Monaten: nie sah ich sehnsuchtsvoller dem Frühling entgegen, nie freudiger und hoffnungsvoller das Korn aus der Erde hervorgrünen, das dem gefürchteten Hungertode wehren würde, als damals. - -

Ich hatte bald darauf, den 6., die neue Freude, mit dem Transportnachen überzukommen und im Kreise meiner Weseler Lieben und besonders an der Seite meines Grietchens einige köstliche Stunden zuzubringen. Hier dauerte indes die Einquartierung und die Unruhe noch immer fort, wovon und der mit Preußen geschlossene Friede nicht befreite, den man am 14. April (1795) am Himmelfahrtstage mit Kanonen in Wesel proclamierte und feierte. Der Uebergang nach Wesel war nun wieder, jedoch nur mit Pässen, erlaubt, die manche gène verursachten. Indes ward mir doch nun wieder die Freude, die Meinigen besuchen zu können und von ihnen besucht zu werden.

(Der Schluß dieser Aufzeichnungen folgt im nächsten Heft.)


Mitteilungen für das nächste Heft dieser "Chronikblätter" sind möglichst umgehend zu richten an den Herausgeber: Dr. Karl Luyken, Chronikstelle für die Familie Luyken, Berlin W 50, Regensburger Straße 14! Zur Ueberweisung der Jahresbeiträge (= 4,- RM., für Familienangehörige nach Selbsteinschätzung) dient unter gleicher Anschrift das Postscheckkonto Nr. 13909 Berlin!

für den zweiten Band dieser "Chronikblätter" werden erst am Schlusse des zwanzigsten Jahrganges, also zu Beginn des Jahres 1941 zur Ausgabe gelangen.

Die Chronikstelle.


Druck von Friedrich Luyken G. m. b. H:, Gummersbach (Rhld.); Buchdruckerei u. Verlagsanstalt insb. für Drucklegung wissenschaftlicher Abhandlungen, Dissertationen. Anfertigung aller Druckarbeiten für Handel und Industrie. - Angebote bereitwilligst, günstige Bedingungen. Die Klischees liefert die Firma Paul Messer, Berlin, Ritterstr. 61.


Seite 485

Text muss noch eingegeben werden





Seiten 486 - 487
Top

Seite 486

Text muss noch eingegeben werden


Seite 487

Text muss noch eingegeben werden





Seiten 488 - 489
Top

Seite 488

Text muss noch eingegeben werden


Seite 489

Text muss noch eingegeben werden





Seiten 490 - 491
Top

Seite 490

Text muss noch eingegeben werden


Seite 491

Text muss noch eingegeben werden





Seiten 492 - 493
Top

Seite 492

Text muss noch eingegeben werden


Seite 493

später umgab in der Kapelle des Krematoriums zu Greifswald eine große Trauergemeinde den Sarg, auf dem sein Degen und Hirschfänger lagen, und den ein grüner Bruch schmückte als letzter Gruß des Waldes, den er so sehr geliebt hatte. Da andere Ansprachen seinem Wunsch gemäß unterblieben, hielt sein langjähriger Seelsorger und Freund, Pfarrer Gudopp, die Gedächtnisrede nach dem vom Heimgegangenen selbst bestimmten Text: "Ich habe dich je und je geliebet..."; die beiden auch von ihm selbst gewählten Lieder: "Christus, der ist mein Leben" und "So nimm denn meine Hände" umrahmten die ergreifende Feier, bei deren Schluß draußen das "Halali" der Hörner "die Jagd ist vorbei" verklang.- -  -

Fritz Röhrig besaß einen festen Charakter und eine frohgemute Denkungsart, die von einer tiefen und schlichten Gottgläubigkeit erfüllt war. Sein schweres und langes Leiden, das ihn in verhältnismäßig jungen Jahren schon ergriffen hatte, ertrug er mit bewundernswerter Geduld, und es vermochte ihn in seiner festen Ueberzeugung von Gottes allmächtiger Güte nicht zu erschüttern. "Ich habe die Güte und Freundlichkeit Gottes in meinem Leben immer erfahren", hatte er noch kurz vor dem Hinscheiden seinem Pfarrer sagen lassen. In seinem Hause herrschte bei einfacher und sehr gastfreier Lebenshaltung der Geist zuversichtlicher Frömmigkeit, wie er auch den großen Familienkreis des Elternhauses mit seinem reichen Segen erfüllt hatte.




Am Freitag, dem 27. November d. J. starb zu Wesel nach kurzer Krankheit

Mathilde Kehl
geb. Schlienkamp

im Alter von 86 Jahren.

Die Vorfahren der Familie Schlienkamp hatten in früherer Zeit ihren Wohnsitz hauptsächlich im Oldenburger Land; der Großvater der Heimgegangen aber war nach Neunkirchen übergesiedelt, wo auch ihr Vater Dr. phil.Christian Schlienkamp am 21. Oktober 1814 geboren wurde. Dieser war Apothekenbesizter in Düsseldorf und betätigte sich später dort ehrenamtlich in der Stadtverwaltung als Abgeordneter und zeitweilig auch als Beigeordneter; er starb dort am 15. Juli 1874. Er war mit Emilie van Zütphen, geb. am 15.  Mai 1810 in Düsseldorf, verheiratet, welche ihm am 12. Okt. 1891 im Tode folgte. Von ihren drei Kindern, die sämtlich in Düsseldorf zur Welt kamen, war Mathilde das jüngste; ihre ältere Schwester Emilie, geb. 9.  Nov.  1844 schloß die Ehe mit Jakob Friedrich Wilhelm Hallensleben, Tuchfabrikant zu Appeldorn an Niederrhein. Ihr Bruder Gustav war am 2. Juni 1847 geboren; er wohnte zuletzt als Generalleutnant z. D. in Düsseldorf und starb dort am 18. Aug. 1913.





Seiten 494 - 495
Top

Seite 494

Mathilde Julie Auguste Schlienkamp wurde am 27. Aug. 1850 zu Düsseldorf geboren; sie besuchte dort die städtische Luisenschule und kam dann i. J.1866 zur weiteren Ausbildung auf das Töchter-Pensionat von Frl. Bergmann in Königswinter. Im August 1875 verlobte sich Mathilde Sch. mit Hermann Kehl aus Wesel, den sie auf der Taufe seiner Nichte Elsbeth Kehl (jetzt Frau Wilhelm Marx, vgl. X 120; Bd. I, S: 155) kennen gelernt hatte.

Hermann Friedrich Sophron Kehl war der zweite Sohn und das drittälteste der sechs Kinder des Kaufmanns Carl Kehl (1804-1878), verm. 15. Okt. 1839 mit Luise geb. Luyken [VIII (25) 34], der dritten Tochter von Philipp Luyken [VII 17] und Jette geb. Hohdahl; er war am 14. Febr. 1845 in Wesel geboren und erhielt nach dem Schulbesuch die kaufmännische Ausbildung auf der Sankt-Wilhelms-Hütte zu Warstein (heute: "Warsteiner und Herzogl. Schleswig-Holsteinische-Eisenwerke A.-G."), die damals seine beiden Oheime August Luyken [VIII (26) 35] und Wilhelm Hammacher [VIII (28) 37] als "Gewerke" leiteten. Nachdem er dann sich einige Zeit in Nassau geschäftlich betätigt hatte, machte er den Deutsch-Französischen Krieg 1870/71 bis zum Ende mit und ließ sich hierauf als Kaufmann in Dortmund nieder, wo er den Verkauf der Eisenerzeugnisse der Baroper Walzwerkes übernahm. Nach der Hochzeit, die am 22. Febr. 1876 in Düsseldorf stattfand, wohnte das junge Paar zunächst in der Betenstrasse in Dortmund, dann in der Kampstraße, wo sich auch das Kontor und Eisenlager befand, und hierauf noch ein Jahr in der Bergamtstraße, Ecke Ostwall. Im Jahre 1884, als Hermann Kehl zum Direktor des Walzwerks in Barop ernannt wurde, siedelte er mit seiner Gattin dorthin über; aber schon sechs Jahre später erlag er am 28. Juni 1890 dem Typhus. Um nicht allein zu bleiben, denn die Ehe war kinderlos gewesen, zog Mathilde zunächst nach Düsseldorf zu ihrer 80jährigen Mutter in der Königsallee und nach deren Ableben am 12. Okt. 1891 zu ihrer ebenfalls verwitweten Schwester Emilie Hallensleben nach Aachen.

Sein Anfang Januar 1892 war Mathilde K. als Gesellschafterin bei einer Frau Michelis in Hoboken (Belgien) tätig, mit der sie später nach Antwerpen übersiedelte. Infolge einer schweren Er-


Seite 495

Text muss noch eingegeben werden





Seiten 496 - 497
Top

Seite 496

Text muss noch eingegeben werden


Seite 497

Text muss noch eingegeben werden





Seiten 498 - 499
Top

Seite 498

Text muss noch eingegeben werden


Seite 499

Lina Kämper besaß ebenso wie ihr Gatte eine durchaus vornehme und edle Denkungsart. Aeußerlich stets eine große Zurückhaltung und Ruhe bewahrend, nahm sie doch mit reger Aufmerksamkeit an allem Geschehen in ihrer Umgebung warmherzigen Anteil. Ihre wahrhaft mütterliche Fürsorge und Hilfsbereitschaft galt nicht nur den Angehörigen des engeren Familienkreises sondern auch allen Anverwandten und Freunden, die ihren Rat und Beistand erbaten.

So werden auch alle, welche sich der näheren Bekannschaft mit Lina Kämper und ihrem Gatten erfreuen durften, ihnen beiden ein dankbares Gedenken bewahren.


Chronik
der Familie Luyken und Anverwandten.

Generation VII
(Fortsetzung zu Heft 16, 3)

Stammfolge der Linie Luyken-Holten-Wesel: I) Hendrich Luyken († 1607); - II 1) Hermann L. (1589-1630); - III 3) Johannes L. (1624-1691); - IV 7) Daniel (I) L. (1665-1724); - V 23) Daniel (II) L. (1703-1784); - VI 6) Daniel (III) L. (1733-1807); - vgl. Bd. I, S: 391, 394, 413, u. Bd. II, S: 10 u. 163.

Anhang
zur Lebensschilderung von
VII 11) Johann Arnold Luyken, Prediger zu Wallach,
und Margaretha Gerdrutha geb. Schneider.
A. Lebenserinnerungen von Joh. Arnold Luyken.
(Fortsetzung und Schluß zu Heft 16,3, Seite 484.)

Hier wechselte indes noch immer eine Einquartierung mit der anderen ab bis im Monat August, wo wir gänzlich davon befreit und nach der Zeit nur noch mit Durchmärschen incommodirt wurden. Neun ganze Monate hatten also die ständigen Einquartierungen gewährt. Eine lange lästige Zeit, die jedoch durch das gute, ordentliche oft freundschaftliche Betragen der mehresten einquartierten französischen Offiziere sehr erleichtert wurde. Der Genuß der wiedererlangten völligen Hausfreiheit war indessen höchst angenehm. - - -

Auch das Jahr 1796 begünstigte die Erfüllung meiner Wünsche nicht. Die kriegerischen Umstände, besonders die fortdauernde Besetzung des Landes durch die Franzosen, waren den Eltern meines Grietchens Ursache genug, mich bei wiederholter Anfrage zur Geduld zu verweisen. Immer glaubte man, würden sich die Umstände bald ändern, um dann mit soviel mehr Ruhe einwilligen zu können. Manches liebe Briefchen wurde indes gewechselt, maches süße Wörtchen gehört, manches frohe Stündchen genossen, manche selige Wonne





Seiten 500 - 501
Top

Seite 500

gab uns die Liebe. Sie verherrlichte besonders in diesen Jahren, die letzten Tage des Mai, die wir zusammen mit unsern Geschwistern auf den Biesen zubrachten, und einige Tage im September, wo mein Grietchen in Gesellschaft ihrer Schwester Eichelberg nebst ihrem Manne hier in Wallach war. - - -

Den 6. September reisten meine Eltern nach Amsterdam, denen ich den 3. Oktober dahin folgte. Freude der Ueberraschung! Wonne des Wiedersehens aller Lieben und Freunde! Froh flossen die Tage; eine Freude folgte der andern. - - -

(Fahrten nach Leiden, Utrecht und Arnheim.) - - -

Noch immer (i. J. 1797) walteten die nämlichen Umstände ob, und die allzu besorgten und bedenklichen Eltern meines Grietchens waren zu keinem Entschlusse zu bringen. Sie sahen unsere Liebe und billigten sie, aber zu unserem Wohl glaubten sie bei den damaligen Umständen, unsere Verbindung noch aufhalten zu müssen, bedachten aber nicht, wie leicht eben dieses Aufhalten unser und ihr eigen Wohl hätte stören können. Wirklich brache auch das Unbestimmte in ihrer Aeußerung, die Ungewißheit der Aussicht nach so vielen Jahren der Erwartung manches trübe in unsere Freude. Doch waren sie selig, die Stunden, wo wir uns sahen, Briefchen gaben und lasen, und unsere Empfindungen teilten. Und daran fehlte es zu unserem Glück nicht. Fast verging keine Woche, in welcher ich nicht einige Tage bald mehr bald weniger, wie es die Umstände fügten, in Wesel zubrachte, in welchen dann immer die Augenblicke die köstlichsten waren, die ich mit meinem Grietchen als der künftigen Gefährtin meines Lebens genießen konnte. Ja, es waren köstliche Augenblicke, die immer zu schnell flohen, und kaum geflohen, wieder gesucht wurden. Unzählig viele frohe Stunden gab uns die Liebe, freilich mitunter auch trübe, schwermütige, wie es bei den Umständen und Verhältnissen nicht anders sein konnte. Doch blieb den ersteren immer die größere Zahl. Noch ist die Erinnerung daran süß, in so ferne sie schuldlos waren, wenn ich gleich gestehen muß, daß sie auf die Dauer unserer Ruhe und äußeren Ehre wo nicht unserer Tugend sowie der Freude und Zufriedenheit unserer Eltern leicht hätten gefährlich werden können und ohne die Festigkeit meines Grietchens vielleicht in solchen Augenblicken wirklich geworden wären, wo die Sinnlichkeit, immer genährt und aufgereizt, oft die Herrschaft über meine Vernunft zu erhalten drohte.

Gott sein Dank, daß wir in dieser Prüfung bestanden, die wahrlich oft nicht gering war und zuweilen noch durch den sich leise einschleichenden, freilich leichtsinnigen Gedanken noch vergrößert wurde, um nämlich die Erfüllung unseres sehnlichsten Wunsches, so lange in Güte vergebens gesucht und gehegt, auf diesem Wege zu beschleunigen. Ach, in welchem Labyrinth von Kummer und Sorgen würden wir uns gestürzt, wie uns und die lieben unsrigen beschämt haben! Wahrlich noch immer Ursache zum Dank und zur Freude, daß wir fest und standhaft blieben! Aber durch eigene Erfahrung belehrt, würde ich immer


Seite 501

den Zustand zweier Liebenden gefährlich halten, denen eheliche Vereinigung ohne erheblichen Grund jahrelang aufgehalten oder gehindert wird.

Uebrigens brachte mir dies lange Aufhalten unserer ehelichen Vereinigung auch in Ansehung meines Fortstudierens keine Vorteile, indem die beständigen sinnlichen Zerstreuungen den Eifer zu ernstlichen Geschäften nicht nur nach und nach schwächten, sondern auch manche Stunde mir raubten, die ich zur wissenschaftlichen Ausbildung besser hätte verwenden können. Sie blieben mir indessen auch in der Erinnerung immer wert, die Tage und Stunden, die einst in der Gegenwart mir so vielen köstlichen Genuß gaben, wie es denn auch in diesem Jahre derselben manche für mich gab.

Den 20. Mai 1797 traf ein starker Hagelschlag einen großen Teil unserer Felder, wodurch auch ich Schaden litt. So bald kann der große Herr der Natur unsere schönsten Hoffnungen vereiteln. Ach, ein trauriger Anblick, der Anblick eines völlig zerstörten Kornfeldes, das einige Augenblicke vorher noch im schönsten Flore stand! Wie wenig können wir auf etwas irdisches Vertrauen!

Im Monat Dezember starb der König von Preußen, Friedrich Wilhelm II., und wir hatten deshalb, da die königlich preußische Regierung noch in Cleve war, den 24. Dezember eine Leichenpredigt hier zu halten, wiewohl sich das Glück der französischen Waffen immer mehr zur völligen Abtretung dieses Landes an Frankreich neigte, wie denn auch Frankreich sich längst den Rhein zur Grenze bestimmt hatte.

Noch erwähne ich der Feier des Geburtstages meines
Grietchens. Den 17. Nov., die ich durch eine Parodie auf das schöne Lied von Claudius "Ich habe dich geliebet und ich will dich lieben" besang und im Familienkreise abends vorlas, um dadurch mehr als durch alle anderweitige Vorstellung den lieben Eltern meines Grietchens meinen sehnsuchtsvollen Wunsch nach endlich ehelicher Vereinigung mit ihr zu erkennen zu geben und sie zur Erfüllung desselben zu vermögen. Aber vergebens!

So blieb auch im Jahre 1798 unsere Lage die nämliche, glücklich zwar in manchen seligen Augenblicken des stillen Herzensgenusses unserer Liebe durch mündliche und schriftliche Unterhaltungen, woran es besonders in diesem Jahre nicht fehlte, aber trüb und traurig oft bei der immer ungewissen Aussicht der endlichen Erfüllung unserer Wünsche. Schien mir doch oft unsere Liebe ein Spott der Leute zu sein, und durfte ich es kaum mehr wagen, davon zu sprechen. Konnte ich doch keinen Freund meines Alters mit Weib und Kind glücklich sehen, ohne mich arm und zurückgesetzt zu fühlen! Fehlte es freilich hier noch bei den zu Zeiten noch vorkommenden Unruhen der Einquartierung, bei der schlechten Wohnung, bei der Ungewißheit des Ausganges der politischen Händel und der Unbestimmtheit des Schicksals dieses Landes überhaupt noch von manchen Seiten an dem, was man zum völlig glücklichen Leben zu rechnen pflegt, nun so lebte doch mancher auch von meinen Freunden hier in vergnügter Ehe, ohne noch die Vorzüge in mancher Hinsicht zu besitzen, deren wir uns er-





Seiten 502 - 503
Top

Seite 502

freuen konnten. Und wo wäre denn auch wohl Vollkommenheit hier auf Erden, wo aber auch Unvollkommenheit und Beschwerde, die nicht durch gemeinschaftliches Ertragen erleichtert würde? Ich wurde mißmutig, so oft ich auf dergleichen Gedanken kam, und unwillkürlich drängten sie sich mir auf. Ernster wie gewöhnlich wurde daher der erste Neujahrsabend in der Sandstraße von mir gefeiert, und überhaupt war ich in den ersten Wochen diese Jahres mehr zum Mißmut als zur Freude gestimmt, wenngleich darin der Stunden, wo ich mein Grietchen sah und sprach, bei ihrer öfteren Anwesenheit in Bruder Daniels Hause mir viel zuteil wurden. Aber doch genügte mir bei dem mehreren, das ich verlangte und längst zu besitzen mich berechtigt glaubte, das Einerlei der Gegenwart nicht. Der Mensch will weiter. Aufgehalten, wird er störrisch und findet auch in der schönsten Gegenwart keine Freuden mehr. Glücklich genug, wenn der Sturm der erregten und nie erfüllten Begierde ihn nicht gar von längst erwünschtem und immer zurückgeschobenem Ziele seitwärts auf verbotene Wege treibt, die am Ende ins Unglück führen! Ich danke Gott, der mich davor bewahrte, wenngleich in manchen Augenblicken der Verstimmung die Gefahr mir nahe war. Mit der Liebe läßt sich nicht spotten. Ohne Not und dringende Gründe soll man ihr wirklich nicht wehren, wenn man nicht die schlimmsten Folgen befürchten will. Das lange Freien oder Liebhaben, ohne den Zweck zu erreichen, taugt nicht für Geist, Herz und Leben, das fühlte ich oft bis zu Tränen. Und doch konnte ich nicht anders, wenn ich nicht das Ziel auf eine Art ertrotzen oder erzwingen wollte, die den Frieden der Familie störte, und Ehre, Amt und Stand herabwürdigte.

Viele beneidenswerte Vorzüge hatte ich übrigens in meiner Lage. O, mit einer Innigkeit und Herzlichkeit hing mein gutes liebes Grietchen an mir, die notwendig bei den übrigen glücklichen Familienverhältnissen und Umständen mein Leben in meiner Lage, wo ich ihr nahe war und wenig Amtsgeschäfte hatte, verschönern mußte und wirklich verschönerte! Aber es fehlte mir bei Allem an der Ruhe des Herzens, die ich nur in ihrem völligen Besitze, in dem stillen ruhigen häuslichen Leben mit ihr, in dem ununterbrochenem Genuß ihrer Liebe zu erlangen hoffen konnte und längst hätte verlangen sollen.

In manchen schönen herrlichen Stunden, die ich auch in diesem Jahre bald in ihrem, bald in meinem elterlichen, bald in unseres lieben Bruders Daniels Hause, bald auf dem Biesen und Schwarzenstein, bald hier auf kleinen Touren und Spaziergängen, zuletzt auf der Reise nach Münster und dort in ihrem beständigen Umgange an ihrer Seite zubrachte, oder wo ihr lieblicher Gesang beim Klavier mich entzückte, war und fühlte ich mich reicher, froher, glücklicher als keiner, aber wo dann Trennung wieder unser Los war, wo die Klingel gezogen, geschieden werden mußte, da war ich wieder arm und verlassen, und manche traurige Empfindung floß dann zur Erleichterung meines Herzens in die Feder aufs Briefchen über, das dann bei der nächsten Zusammenkunft gegen ein anderes aus ihrer Hand gewechselt oder sonst überschickt wurde.


Seite 503

Ein wunderliches Spiel treibt doch die Liebe mit dem Menschen! Sie macht weise und thöricht, reich und arm, erhöht und erniedrigt, doch nur für eine Zeit kann sich der Mensch in diesem Spiele gefallen. Es soll Ernst werden, wenn nicht das Leben selbst darunter leiden soll. Darnach verlangte mich immer mehr. Und daß die guten Eltern, die dem gefährlichen Spiel zusahen oder es doch ahnen mußten, es noch immer nicht zu diesem Ernst brachten, daran wagten sie wahrlich das Glück ihrer Kinder!

Unter diesen Umständen brachte ich den größten Theil dieses Jahres in Wesel zu und war selten anders hier, als wo Amtgeschäfte meine Gegenwart erforderten, oder Gartenarbeiten oder Einquartierungen oder Besuche von Freunden und Verwandten mich hier hielten. Kein Wunder, wenn ich in eigentlich wissenschaftlicher Ausbildung keine großen Fortschritte machen und auf meine Predigten nicht den gehörigen Fleiß verwenden konnte! Mehr von den anderen als aus mir selbst predigte ich. Mechanisch unterhielt in freien Stunden angenehme Lektüre mehr meinen Geist, als daß er durch eigenes Nachdenken, durch Selbstdenken sich betätigte. An Reiz und Aufmunterung in meiner Gemeine zum tätigeren Fleiß und sorgsamer Ausarbeitung meiner Predigten fehlte es gänzlich. Eine Zerstreuung floß gleichsam in diesem Jahre bei mir in die andere.

(Den Schluß dieser Aufzeichnungen bilden noch Mitteilungen über Reisen in die Umgebung und nach Münster.)




Dritter Nachtrag zur Vorfahrentafel
in Band I Seite 
332/33.

(Der erste und zweite Nachtrag befindet sich auf Seite 236 f und 261 f dieses Bandes.)

Text muss noch eingegeben werden





Seite 504
Top

Seite 504

Text muss noch eingegeben werden




Chronikblatt 1937