Familienverband Luyken



Hermann Luyken (1872-1955)
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Ludwigshafen, 14.12.2008


Vohwinkel, den 5.2.24 (1924)

Mein lieber Hans!

Du hast uns schon vor längerer Zeit so liebe Briefe gesandt, die uns recht erfreuten und es war schön, daß Du an dem Familienleben ein solches Interesse hast.- Habe herzlichen Dank!

Du kannst Dir ja denken, daß der Junge mir Spaß gemacht hat.- Wir können ja auch nur Jungens jetzt gebrauchen und sie müssen doch schließlich die Franzosen wieder aus dem Lande hauen. Hoffentlich können wir Alten auch mal dabei sein!! Ja ihr liebe Jugend habt noch große und schwere Aufgaben! Die Franzosen werden bei uns immer lustiger. Wie man hört, werden hier 80 Wohnungen für die Brüder beschlagnahmt, ? Familien haben schon ganz zusammenkriechen müssen. Sogar Küchen und alles wird requiriert! Bei uns wollten sie sich auch schon einnisten, soll mich wundern wie alles noch enden wird und friedlich bleibt. Ich lasse mir noch lange nicht alles bieten.-

Zwischen Weihnachten und Neujahr war ich in Hemmern.Es war aber solch kollossal tiefer Schnee, noch dazu mit Eisschicht, daß nicht durch zu kommen war. Wir sind aber doch mal herumgegangen und haben eine Pirsch gemacht. Dabei schossen wir doch noch in kurzer Zeit 8 Rehe und 5 Hasen.- Das hatte also ganz kolossal geklappt und keiner wollte es uns erst glauben. Die armen Biester werden aber wohl Not gelitten haben, denn bei der Eiskruste laufen sich die Rehe die Läufe durch und gehen elend ein.-

Man will mich auch zum Vorsitzenden des Jagdschutzvereins machen, aber ich habe abgelehnt, da ich doch schon mit allerlei Pöstchen überlastet bin. Es war auch die höchste Zeit, daß der Schnee der Schafe wegen abging. Hatten ist immer noch gut gegangen und wir haben nicht futtern brauchen.-

Im Allgemeinen ist die Wirtschaftslage hier schlecht. Es ist überall gestreikt worden nur die Leute haben alle kein Geld.-

Ich begreife nicht, daß die Arbeiter sich den Streik noch leisten können. Aber ich glaube, der Knüppel liegt bald beim Hund und es ist die Zeit bald da, daß man gerne arbeiten möchte, wenn man nur Arbeit hätte und haben könnte.- Es ist eine sonderbar verkehrte Welt und man glaubt bald in einem Narrenhause zu sein. Ich kann mir denken, daß Du froh bist, wenn Du die Schule hinter Dir hast. Wenn Dir das Lernen auch Spaß macht und Dir leicht wird.-

Als ich die Penne hinter mir hatte, ich glaube es war der schönste Tag meines Lebens. Was macht die Musik? Bläst Du auch noch zünftig? Du bist ja wohl Kapellmeister. Ein solcher Kerl muß was verstehen!!- Trude übt auch noch immer fleißig und besucht nach wie vor die Hochschule in Cöln. Jetzt nimmt sie auch hier noch Gesangstunden.

Walter ist den ganzen Tag in der Landwirtschaft. Er hat 3 Pferde und ein zweijähriges und ein einjähriges Fohlen. Die Pferde können hier täglich Fuhren machen und verdienen viel dabei. Beim ausgesprochenen Landwirt würden sie sonst im Stall stehen. Um die Landwirtschaft stehts jetzt schlecht, da alle Produkte zu billig sind und die Steuern zu hoch! Das kann nicht so bleiben, sonst gehen die ganzen Bauern kaputt!

Wenn Du mal nach Stolberg kommst, da grüße Deine lieben Eltern, Tante Martha und die Geschwister herzlichst von mir! Tante Julchen war kürzlich etwas erkältet , es geht aber wieder besser. Sie hat viel zu tun, sonst würde sie mit schreiben. Ich soll Dir aber danken und Dich herzlich grüßen! Sonntag soll die Taufe sein. Ich lege Dir ein Scheinchen bei für einen guten Schluck auf den Jungen! Er soll Carl Wilhelm heißen.

Die herzlichsten Grüße von Deinem Onkel Hermann



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